Azubis im Chaos der Gefühle

von Susanne Krimmel

Warum Feedback für die Generation Z so wichtig ist

Durch die digitalen Medien ist die Generation Z an sofortiges Feedback gewöhnt und fordert dies auch in der Ausbildung ein. Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Tatsächlich ist ehrliches Feedback auch dringend nötig, damit Azubis den Übergang ins Berufsleben gut schaffen.

Zum Beispiel Karl: In der Schule lief doch alles glatt, und notfalls waren die Eltern zur Stelle, um die eine oder andere Schwierigkeit aus dem Weg zu räumen. Nie musste er sich so richtig durchbeißen. Die Folge: Karl fehlt das Gefühl für eigene Leistung und Können, er hat ein schwaches Selbstvertrauen, auch wenn er das nach außen gekonnt überspielt. Schwierigkeiten geht er deshalb lieber aus dem Weg und in der Ausbildung zeigt er wenig Initiative.

Leonie wiederum neigt dazu, sich permanent zu überschätzen. Sie ist mit viel Lob und Bestätigung aufgewachsen und ist es daher nicht gewohnt, die eigene Leistung infrage zu stellen. Aus Angst vor schlechter Stimmung meiden ihre Eltern und Lehrer offene Worte und nehmen dem Mädchen damit die Möglichkeit zur Selbstreflexion. „Passt schon“ hört man von ihr immer wieder, aber eigentlich passt gar nichts.

Wie kann man mit Jugendlichen wie Karl und Leonie nun in der Ausbildung umgehen? In beiden Fällen klaffen Eigen- und Fremdbild meilenweit auseinander. Ehrliches, konstruktives Feedback schafft die Möglichkeit, beides in Einklang zu bringen und gibt den Azubis eine echte Entwicklungschance. Wie kann man dabei vorgehen, damit es auch ankommt?

Als einfach umsetzbare Methode für Feedback hat sich die WWW-Formel bewährt, die ich auch in meinen Ausbildertrainings empfehle:

1. Wahrnehmung: Konkret die Situation schildern, um dies es geht. Vereiden Sie Verallgemeinerungen und Rundumschläge. Beispiel: "Ich habe gesehen, dass Du heute früh zweimal während der Arbeitszeit Dein Handy gecheckt hast." und nicht: "Immer schaust Du ins Handy"
2. Wirkung: Wie kommt Dein Verhalten bei mir oder wahrscheinlich bei anderen an? Gerade dieser Perspektivwechsel ist enorm hilfreich, denn Jugendliche sind dazu von allein schlicht nicht fähig! „Wenn Du öfter aus dem Fenster schaust, habe ich den Eindruck, dich interessiert nicht, was ich sage.“, „Welchen Eindruck bekommt der Kunde von uns, wenn die Unterlagen unvollständig sind?“
3. Wunsch: Fragen Sie entweder den Azubi, ob er eine Idee hat, wie er es beim nächsten Mal besser machen kann oder sagen Sie konkret, was sie von ihm erwarten (das hängt von der Situation und vom Azubi ab). „Wenn ich Dir etwas erkläre, möchte ich, dass Du mitschreibst.“ oder „Bitte überprüfe die Unterlagen nochmals, bevor Du die Mail rausschickst."

Gerade im Umgang mit der Generation Z ist es außerdem ratsam, Feedback sehr zeitnah zu geben. Sparen Sie nicht an positivem Feedback, wenn es angebracht ist. Gerade für Azubis wie Karl, die unter mangelndem Selbstvertrauen leiden, ist es Gold wert. Sprechen Sie im Zweifelsfall auch Dinge an, die Sie eigentlich für selbstverständlich halten. Vielleicht sieht Ihr Azubi vor allem seine Fehler und braucht einen Blick auf das, was schon gut gelingt.  

Scheuen Sie sich allerdings auch nicht davor, negative Dinge konkret und deutlich anzusprechen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Sie - bei Azubis wie Leonie - der erste Mensch sind, von dem er oder sie eine ehrliche Rückmeldung bekommt. Weichgespülte Aussagen wie „das war jetzt nicht so toll“ helfen da nicht weiter. Stehen Sie zu Ihren Emotionen. Wenn Sie sauer sind, dann sollten Sie es auch zeigen, natürlich immer im vertretbaren Rahmen. Nur so ist Ihr Feedback glaubwürdig und kommt überhaupt beim Gegenüber an.

Wichtig ist, dass Ihr Feedback immer die Entwicklung des Azubis im Auge hat und es in einer wertschätzenden Atmosphäre stattfindet. Der Azubi darf nicht das Gefühl haben, er oder sie sollte abgekanzelt werden, sondern gestärkt aus dem Gespräch herausgehen und wissen, was er oder sie zukünftig besser machen kann.

Die oft geäußerte Befürchtung, durch allzu offene Worte würde die Beziehung zum Azubi gefährdet, ist in den meisten Fällen unbegründet. Im Gegenteil: Konstruktives Feedback gibt Orientierung und Sicherheit. Beides wird von der Generation Z, wie aktuelle Umfragen zeigen, sehr hochgeschätzt. Feedback regelmäßig im Ausbildungsalltag zu verankern, ist daher sehr sinnvoll!

Bildquelle Teaserfoto: © fotogestoeber, Adobe Stock

 

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